EISMÖVE

 

Geschichte - Original

Anfang der 1950er-Jahre wurde der Grenzschutz der jungen Bundesrepublik Deutschland aufgebaut. Als erste Neubaufahrzeuge wurden für diesen bei der Lürssen-Werft drei Boote zur Überwachung der Seegrenzen in Auftrag gegeben. Zu dieser Zeit stand Deutschland noch unter Besatzungsrecht und durfte keine militärischen Einheiten unterhalten. Die Boote wurden deswegen im Auftrag des britischen BBFPS als „British Baltic Fishery Protection Service“ fertiggestellt und erhielten die Namen Storm GullSilver Gull und Wild Swan. 1954 / 1955 wurden Silver Gull  und Storm Gull im Verband Klose eingesetzt. Sie waren vor allem mit Aufklärungsaufträgen in der Ostsee beschäftigt.

Hier sei darauf hingewiesen, dass der BBFPS zu Deutsch: Britischer Ostsee-Fischereischutzdienst, eine Tarnorganisation des britischen Geheimdienstes MI6 war, der offiziell der Royal Navy zugehörte. Er wurde 1949 gegründet – offiziell, um die Seegrenzen der britischen Besatzungszone in der Ostsee zu überwachen, tatsächlich und nach heutigen Erkenntnissen primär, um Operationen im Ostseeraum durchzuführen. So erhielten die dabei eingesetzten Einheiten später bei der jungen Bundesmarine die Übersetzungen der englischen Namen und die weiteren Boote wurden mit passenden Namen versehen. Zwar war die Storm Gull - Sturmmöwe das erste vom Stapel gelassene Boot der Klasse, doch stellten die Briten Silver Gull - Silbermöwe zuerst in Dienst, darum wurde die Klasse später nach ihr benannt.

Mit dem Beitritt der Bundesrepublik zur NATO 1955 genehmigte das Militärische Sicherheitsamt den Bau von drei weiteren Booten der Klasse. Zwei der Boote wurden zunächst dem Seegrenzschutz übergeben. Das letzte Boot der Serie Seeschwalbe wurde erst 1956 fertiggestellt. Mit der Gründung der Bundeswehr und damit der Bundesmarine gingen alle sechs Boote 1956 in deren Bestände und Dienste über. Fünf von ihnen bildeten den Grundstock des Schnellbootlehrgeschwaders, aus dem wiederum das 1. Schnellbootgeschwader entstand. Sie wurden auch zur Ausbildung der Besatzungen für die neuen, im Zulauf befindlichen Boote der Jaguar-Klasse verwendet. Mitte 1957 wurden sie mit Torpedorohren ausgestattet und der achtere 20-mm-Zwilling durch ein 40-mm-Geschütz ersetzt.

Heraldik

Das Wappen des 1. Schnellbootgeschwaders entstand mit der Aufstellung der Bundesmarine, ohne an Traditionen anzuknüpfen. Die drei Wellen symbolisieren den Einsatzort, die See. Der Dreizack steht für die maritime Wehrhaftigkeit über und unter Wasser. Der Stern deutet auf den überwiegend nächtlichen Einsatz der Schnellboote hin. Das Wappen wurde über die Zeit bereits selbst zur Tradition.

Technik – Original

Die Boote stellten leichte Abwandlungen des letzten Schnellboottyps der Kriegsmarine dar. Sie entstanden ab 1952 bei der Lürssen-Werft nach Plänen der ehemaligen Sk-38-Entwürfe. Wie diese handelte es sich um Verdrängerboote, die in Kompositbauweise gefertigt waren. Hier mit dreilagig diagonal verleimten Holzbeplankungen auf Leichtmetallspanten gefertigt. Die Aufbauten bestanden aus einer Aluminiumlegierung. Angetrieben wurden die Boote von drei Mercedes-Benz-Dieselmotoren MB 518 mit je 2500 PS, die jeweils auf Wellen mit festen Propellern wirkten. Die Boote erreichten eine Höchstgeschwindigkeit von 43 kn und hatten mit 34 kn Fahrt eine Reichweite von knapp 900 sm. Die Boote nutzten durch das Anstellen der äußeren Ruder den bekannten „Lürssen-Effekt“. Außerdem verfügten sie über zwei Hilfsdieselmotoren zur Stromerzeugung.

Wegen ihrer vorgesehenen Verwendung im Polizeidienst war für die Boote ursprünglich keine schwere Bewaffnung vorgesehen, darum fehlten ihnen die typischen in die Back eingebauten Torpedorohre der deutschen Kriegsschnellboote. Auch bei der jungen Bundesmarine wurden die Boote zunächst nur mit zwei 20-mm-Zwillingsgeschützen von Hispano-Suiza bewaffnet, je eines auf dem Decksaufbau und im Heck.1957 wurde anstatt der Heckgeschütze eine 40-mm-Bofors-Flak montiert, gleichzeitig wurden sie mit zwei einzelnen Torpedorohren britischer Herkunft seitlich des Brückenaufbaus ausgerüstet, für die je ein Torpedo in Reserve mitgeführt werden konnte. Die Rohre wurden zum Schuß um 15° ausgeschwenkt. Der Raum für die Ausstattung mit Elektronik war sehr beschränkt. Gelegentlich wurde zusätzliche „missionsspezifisch“ elektrische Geräte / Aufklärungselektronik auch in der Messe und der Kommandantenkammer aufgestellt. Es war eine einfache Radaranlage installiert, doch fehlten elektrischer Kompass und Kartenplotter.

Verbleib

Die Boote des 1. S-Geschwaders wurden mit der Auflösung des Geschwaders 1967 an den NATO Partner Griechenland verkauft. Hier taten die Boote noch bis 1974 dienst.

Seeschwalbe war mit Maybachmotoren und Verstellpropellern ausgestattet und war aufgrund ihres Erprobungsauftrages und anhaltender technischer Probleme nicht in den Geschwaderdienst integriert. Wegen Ihrer vielen Werftaufenthalte deswegen auch Werftmöwe genannt. Später wechselte sie als  UW 9 zur Marineunterwasserwaffenschule und diente schließlich als Erprobungsboot Wilhelm Laudahn mit ziviler Besatzung noch bis Mitte der 1970er-Jahre bei der Wehrtechnischen Dienststelle 73 in Eckernförde.

NATO
Kennung

Name

Indienststellung

Außerdienststellung

Verbleib

P6052

Silbermöwe

29. Mai 1956

15. März 1967

bis 1974 „Drakon“ / GR

P6053

Sturmmöwe

29. Mai 1956

15. März 1967

bis 1974 „Delphin“ / GR

P6054

Wildschwan

29. Mai 1956

15. März 1967

bis 1974 „Polydeykes“ / GR

P6055

Eismöwe

1. Juli 1956

15. März 1967

bis 1974 „Phoenix“ / GR

P6056

Raubmöwe

1. Juli 1956

15. März 1967

bis 1974 „Polikos“ / GR

P6057

Seeschwalbe

16. April 1957

31. Januar 1964

bis Mitte der 1970er als UW 9  später Wilhelm Laudahn bei WTD 73 Eckernförde

Geschichte -  Modell

Viele haben das Modell, mit dem sie am Fahrwasser stehen, selbst gebaut – kaum einer ist wie Hans Wulf auf dem Original, der P6055 – Eismöwe, auch längstens selbst gefahren. Er ist damit ein waschechter „Schnellbootmann“. Nach einigen anderen großen Schiffsmodellen entschloss er sich, „sein“ Schnellboot zu bauen. Die notwendigen Unterlagen beschaffte er sich über die Werft. Zudem hatte er noch wichtige Fotos seiner Dienstzeit, die ihm manches Detail verrieten.

Das Modell ist in klassischer Holzbauweise erstellt. Als Nachweis bzw. Bauplan diente eine Ablichtung des Originalplans, die freundlicherweise durch die Werft zur Verfügung gestellt wurde. Die ursprüngliche Fernsteuerung wurde im Nachgang auf 2,4 GHz umgerüstet. Mit einem LiFePo Akku ist Eismöwe immer und immer wieder ein begehrtes Fotomotiv, wenn sie den Lürssen-Effekt nutzend über die Wellen gleitet.

Technische Details

Original - Silbermöwe Klasse (149)

Modell – Eismöwe (Maßstab 1/ 25)

Reederei / Eigner

junge Bundesmarine

Hans Wulf

Länge / Breite / Höhe

35,4 / 5,1 /  -- (in M)

141 / 20 / -- (in cm)

Tiefgang / Tonnage

1,8 Meter / 109 Tonnen

 

Antriebsanlage / Leistung

3x MB 518 Mercedes-Benz / je 2500 PS

3 E-Motoren

Schrauben / Ruder

3 starre Schrauben / 3 Ruder

3 starre Schrauben / 3 Ruder mit Lürssen-Effekt

Geschwindigkeiten

43 Knoten

maßstäblich

Reichweiten

900 Seemeilen bei 34 Knoten

 

Bewaffnung

2x Torpedorohre (533 mm Kaliber)

1x Bofors Flak 40 mm/L60

Maßstäbliche Nachbildung ohne Funktion

Funkausrüstung

Seefunk / Taktische Funkanlage

Graupner MC-20 Umbau  auf 2,4 GHz

 

Informationsquellen

zum Nachbau

- Plankopien des Originals durch Lürssen-Werft

- Original Fotos der Silbermöwe

im www

- Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Silberm%C3%B6we-Klasse

- Die Schnellbootseite http://s-boot.net/sboote-bundesmarine-1sg.html

 

- Freundeskreis Schnellboote https://www.freundeskreis-schnellboote-korvetten.de/geschichte/1sg.html